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Deutsche Kirche Taschkent

Kirchenfenster_GB Kirchenfenster Evang.-Luth. Kirche Taschkent
Im Zentrum von Taschkent, in der Nähe des Amir-Timur Platzes, etwas abseits vom Trubel und Hektik des Alltags, befindet sich im Schatten jahrhundertealter Bäume, ein für örtliche Verhältnisse, ein ungewöhnliches Gebäude. Der Baustil erinnert äusserlich mehr an ein fürstliches Schloss als an einen Sakralbau, einen christlichen Ort. Ein wichtiges Erkennungsmerkmal der christlichen Gemeinde ist das Kreuz auf dem Kirchenturm. Die architektonische Kostbarkeit wurde im Jahr 1899 im gotischen Stil erbaut, ist die „Deutsche Kirche" in Usbekistan. Sie ist die einzige Evangelisch-Lutherische Kirche in Taschkent.

Ursprünglich war die Kirche mit einem für den Orient ungewöhnlichen Musikinstrument ausgestattet, mit einer Orgel, die damals einzige Pfeifenorgel in ganz Zentralasien. Die Kirche hat wie die Gründung der Religionsgemeinschaft eine bewegte Geschichte, ist eng verbunden mit der Geschichte der deutschen Bevölkerung in Usbekistan.

Deutsche Traditionen haben in Usbekistan eine lange Geschichte. Bereits im letzten Jahrhundert gab es in dieser Zeit in Taschkent eine große Anzahl lutherischer Deutscher, die den Truppen des zaristischen Russlands als Einwanderer aus der Wolga-Region dienten. (siehe Wolgadeutsche)

Die Menschen deutscher Abstammung kamen in vier großen Wellen nach Mittelasien. Manchmal freiwillig bzw. gezwungener Maßen. Zunächst waren es Angehörige der mennoitischen Glaubensgemeinschaft, deren Vorfahren ursprünglich aus Deutschland nach Russland ausgewandert waren, sie suchten im 17. Jahrhundert vor religiöser Verfolgung im Zarenreich eine neue Heimat. (siehe Geschichte der Mennoiten)

In der zweiten Welle kamen durch die russische Eroberung Mittelasiens (Russische Kolonialzeit ab 1868, Khanat CHIWA - Russisches Protektorat ab 1873) Deutsche, die im Dienst des Zaren standen, u.a. Deutsch-Balten nach Taschkent. Bemerkenswert ist, das zwei Generalgouverneure in Turkestan, Konstantin von Kaufmann (1818-1882) und Frommhold Nikolaj von Rosenbach (1836-1901) deutsche Wurzeln hatten, so dass viele Deutsche bzw. deutschstämmige Beamte, Geschäftsleute und Siedler ebenfalls nach Taschkent umsiedelten.

Deutsche Unternehmer gründeten eine erste Brauerei und Molkerei, eine Wurstfabrik, etablierten das Apothekengeschäft. Für den Bau der Taschkenter Sternwarte wurde der russlanderfahrene Münchner Astronom Franz von Schwarz mit dem Aufbau des Observatoriums beauftragt. Über seinen fünfzehnjährigen Aufenthalt in Taschkent verfasste er nach seiner Rückkehr nach München im Jahr 1900 das Buch TURKESTAN, Wiege der indogermanischen Völker, mit einer umfassenden Beschreibung der Lebensbedingungen in Mittelasien zum Ende des 19. Jahrhunderts.

Die dritte Welle, kam mit dem Ersten Weltkrieg, als viele Kriegsgefangene aus Deutschland, vor allem aus Österreich/Ungarn in Lagern in Mittelasien, beispielsweise in Taschkent, Samarkand und Kottaqo´rg´on untergebracht wurden.

In der durch Stalin verursachten ethnischen Deportation während des Zweiten Weltkriegs kam es zur letzten, vierten Welle, als ganze Völkerschaften nach Sibirien, Zentral-und Mittelasien umgesiedelt wurden. Die letzte Welle betraf die Wolgadeutschen. Stalin befürchtete Kollaborateure und befahl die "Säuberung" und Zwangsumsiedelung.

In der Stadt Taschkent ist die Evangelisch-Lutherische Kirche besser als „Nemezkaja Kirkha“, Kirche der Deutschen, bekannt.

Das Innere der Evangelisch-Lutherischen Kirche ist bescheiden ausgestattet, ein ruhiger und besinnlicher Ort. Der Altarraum ist mit baltisch-blau bemalten Spitzbögen und Ornamenten hervorgehoben, die Wände zieren hochgezogene, bunte Lanzettenfenster, die ein helles und warmes Licht in den Gebetsraum ausstrahlen. Der zentrale Platz in der Evangelisch-Lutherischen Kirche ist wie bei den Katholiken der Altar und das Kreuz, Symbol für die Erlösung. Im Zentrum des Altarraums befindet sich das biblische Bild des „Guten Hirten" ["Ich bin der gute Hirte" (Joh. 10, 11)]. Einen speziellen Platz nehmen die traditionellen Darstellungen wie Kreuzigung, das heilige ewige Licht (rote Öl-Lampe), Kerzen und die Kanzel bzw. das Rednerpult ein.

Im Gegensatz zu den Russisch-Orthodoxen Kirchen gibt es keine heiligen Reliquien und Ikonen. Stattdessen befinden sich Schaubilder mit spirituellen Sprüchen in deutscher Sprache auf einigen Bilderrahmen. An der Wand vor dem Altarraum befindet sich links, bzw,. rechts zwei Tafeln mit dem Gebet des Vaterunsers, in Deutsch und in Russisch.

Die Mittel für den historischen Bau wurden vom berühmten Arzt und Botaniker Karl Hieronymus Krause aus Taschkent bereitgestellt, der mehrere Apotheken in der Stadt unterhielt. Er war für seine Schirmherrschaft über die Künste bekannt. Übrigens wurden dank des großen Gönners Krause in Taschkent eine Vielzahl bemerkenswerter Bauwerke errichtet.

Wie die übrigen Gebäude im kolonialen Turkestan wurde die Kirche aus braun-gelben Backsteinziegeln gebaut, die im Geiste der baltischen Kirchenarchitektur angelegt wurden: Der Baustil bezieht sich auf die neugotische Architektur. Der Architekt der Kirche war Alexej Benois, eine weitere Ikone in der Geschichte von Taschkent. A. L. Benois war aktiv am Entwurf und Bau von Kirchen in den Städten Zentralasiens beteiligt und demonstrierte die hohe grafische Kompetenz des Architekten in seinen eigenen handgefertigten Zeichnungen.

In den frühen 80er Jahren des 19. Jahrhunderts wurden auf Initiative des Predigers K. H. Frühauf in Taschkent Mittel für den Bau eines lutherischen Gebetshauses gesammelt. Zusätzliche Spenden, oft große Summen, für den Bau und die Innenausstattung des Kirchengebäudes kamen von vielen wohlhabenden Bewohnern von Taschkent, einschließlich orthodoxer Christen und Muslime: Die Liste enthält Namen wie Arif-Khoja Azis-Khodzhinov (100 Rubel), M. und N. Fedorovs (30 Rubel), E. Ilyin (25 Rubel) und andere.
Es wurde ein Wettbewerb für das beste Projekt ausgeschrieben, an dem auf Entscheidung der Gemeindemitglieder auch der ehemalige Katholik A. L. Benois teilnahm. 1881 entwickelte er das ursprüngliche Design der Kirche, das er bis 1896 weiter verfeinerte. 1899 wurde der Bau des Gebäudes abgeschlossen, in dessen Architektur die Motive der baltischen Gotik verwendet wurden. Der Eingang zur derzeit funktionierenden Kirche wird durch einen hohen Glockenturm mit einem Turm betont, hinter dem sich ein Gebetshaus mit hohen Lanzettenfenstern befindet.

Die feierliche Einweihung der Kirche in der Schukowskaja-Straße fand am 3. Oktober 1899 statt. Der Generalgouverneur des Territoriums, Sergei Dukhovsky, der als Ehrengast zur Feier eingeladen wurde, reagierte sehr negativ auf die Tatsache, dass alle Gottesdienste auf Deutsch durchgeführt wurden, der Muttersprache der meisten Gemeindemitglieder.

Ein Jahr später eröffnete Pastor Justus Jürgensen eine Kirchenschule. Die Zunahme der Zahl der Gläubigen führte 1901 zur Eröffnung von Zweiggemeinden im Laufe der Jahre. Ashgabat und Samarkand und 1907 - in Navoy, Margelan und Kokand. 1907 wurde in Aschgabat eine lutherische Kirche errichtet, das zweite protestantische religiöse Gebäude in Turkestan. Bis 1912 gab es allein in der Region Syr-Darya bereits 1.595 Mennoniten und 6.033 Lutheraner und Gläubige anderer protestantischer Kirchen.

In der Sowjetzeit teilte die Kirche das Schicksal aller Kirchengebäude: Es wurde lange Zeit zweckentfremdet. Ende der 1970er Jahre wurde das Gebäude an das Konservatorium von Taschkent übergeben und beherbergte nach der Restaurierung ein Opernstudio des Wintergartens.

Nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion erklärte Usbekistan am 31. August 1991 seine Unabhängigkeit. Mit der Gründung der Republik Usbekistan und Verfassung am 29. Dezember 1992 wurde das rechtliche Fundament zur Erneuerung und Toleranz gegenüber nicht-moslemischen religiösen Gemeinschaften gelegt. (siehe ZAOERV.de Max-Planck-Institut für ausländisches öffentliches Recht und Völkerrecht - Die Verfassung der Republik Usbekistan, Religionsfreiheit Art. 31, die Trennung von Staat und Religion sowie das staatliche Neutralitätsgebot sind in Art. 61 verankert, PDF)

Bereits 1 Jahr nach der Gründung der Republik Usbekistan, am 8. September 1992 erfolgte die Registrierung der Deutschen Evangelisch-Lutherischen Kirche in Taschkent; am 3. Mai 1993 wurde die Anordnung des Ministerkabinetts über die Übergabe des Kirchengebäudes für seine Nutzung erteilt, das Objekt an die neugegründete Lutherische Gemeinde zurückgegeben, die heute mehr als 200 Gemeindemitglieder hat. Die meisten von ihnen sind Deutsche.

Der amtierende Gemeindepfarrer wird von den Gemeindemitgliedern gewählt, muss keinen Initiationsritus wie bei den Katholiken bestehen. Während der Messe trät der/die PastorIn liturgische Gewänder. Der Hauptteil der lutherischen Liturgie der Messe ist die Liturgie der Gläubigen (Anaphora). Während des Gottesdienstes singen die Gemeindemitglieder u.a. deutsche Kirchenlieder. Das Innere der Kirche ist bescheidener geschmückt als in der Polnisch-katholischen Kirche.

Chronik der Evangelischen-Lutherischen Kirche, nach einem Bericht des ehemaligen Bischofs Kornelius Wiebe (Amtszeit 1994-2015)

Die historische Entstehung der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Zentralasien wurde durch die Eroberung dieses Gebietes von dem Russischen Imperium in der 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts verursacht. Den bedeutendsten Teil der Russischen Militär- und Zivilverwaltung der Region stellten die Zugewanderten aus Deutschland, den Baltischen Staaten, aus Schweden dar, sie brachten ihre religiösen Ansichten mit, den Evangelisch-Lutherischen Glauben. In den 70-er Jahren wurden die Kontakte zwischen den Lutheranern von Taschkent und dem Pfarrer Frühauf aus der Gemeinde von Orenburg geknüpft.

1877 wurde der Gemeinderat festgelegt, 1879 begannen die Lektorgottesdienste und am 12. Januar 1885 wurde die Gemeinde von den Behörden offiziell registriert. In der Geschichte der Kirche werden Personen genannt, die am Ursprung der Entstehung der Evangelisch-Lutherischen Kirche standen, ihnen verdanken die Gemeinde die Errichtung der Kirche, dessen 100-jähriges Jubiläum 1996 gefeiert wurde.
Der Präsident des 1. Rates Arkadij von Weinberg war Staatsrat. Die Mitglieder des Gemeinderats waren der Hofrat Robert Pfennig, der Kollegiumasessor Woldemar Leutner, der Provisor Jeronim Krause und der Erbehrenbürger Alexander Keller. Alexander Keller war vorab der Küster und erfüllte alle Verpflichtungen des Kirchendieners.

Am 8. Juli 1892 bekam die Gemeinde einen Gemeindepfarrer. Dieser wurde Justus Jürgensen, der am 9. Dezember 1864 in der Familie eines Försters in Kurland geboren wurde. Er beendete im Jahre 1890 sein Studium und wurde am 1. September ordiniert. Er hatte ein langes, schweres Leben und war ganz im Dienste Gottes. Seine Kirchgemeinde befand sich auf einem gewaltigen Territorium, dazu gehörte der Bereich von Turkestan und das Gebiet jenseits des Kaspischen Meeres. Die Lutheraner lebten damals in Taschkent, in der deutschen Gemeinschaft Konstantinovka, in der Siedlung Soldatskoje, in der deutschen Gemeinschaft Orlovo bei Aulie-Ata und in Aulie-Ata, in Dshisack, Hodshent, Ura-Tube, Samarkand, Katta-Kurgan, Novaja Buchara, Tschardshuj, Kerki, Peter-Archangelsk, Dargan-Ata, Merva, Iolatan, Kuschka, Tedshen, Aschabad, Serachs, Krestovka, Saratovka, Kisil-Arvat, Kasandshick, Krasnowodsk, Kokand, Margilan, Namangan und Andischan.

Für den Besuch der einzelnen Gemeinden benötigte der Pfarrer bis zu 90 Tage im Jahr. Wenn man sich noch den Zustand der Straßen oder, besser gesagt, ihr komplettes Fehlen und das Klima betrachten soll, dann wird klar, was für ein Leben dieser gebildete, intelligente Mensch hatte.
Justus Jürgensen (*9.12.1864 - † 16.12.1932) begann 1892 seinen Dienst in Turkestan, das damals die heutigen Staaten Usbekistan, Tadschikistan, Turkmenistan, Kirgistan und Südkasachstan umfasste und erledigte eine ansehnliche Arbeit: in vielen Gemeinden wurden Grundschulen geöffnet, allerorts auch Sonntagsschulen. Viel Aufmerksamkeit wurde bei der Deutschen Bevölkerung auf das Erlernen der Muttersprache gerichtet, auch heutzutage wird das getan. In der Kirche wurde auch diakonische Arbeit durchgeführt, es existierte ein Frauenverein, der wohltätiges Mittagessen für alle armen Bewohner von Taschkent veranstaltete, die zum größten Teil aus Einwohnern, den Muslimen, bestanden.

Das Geld für wohltätige Zwecke stammte aus dem Verkauf von Gemüse und Obst vom Grundstück, das der Kirchgemeinde Taschkents gehörte. Es befand sich auf dem Territorium der Kirche und erstreckte sich bis Salar, wo die Schwestern des Frauenvereins Obst und Gemüse anbauten.
All das machte und macht die Evangelisch-Lutherische Kirche in Usbekistan, uneigennützig hilft sie den Bedürftigen. 1905 betrug die ganze Kirchgemeinde 4065 Mitglieder, unter ihnen waren 3.776 Deutsche, 100 Esten, 150 Letten, 12 Polen, 10 Litauer und 15 Schweden.
Die Kirche feiert, auch wie die Gemeinde, zweimal Geburtstag. Gleich nach der Errichtung des Rohbaus und des Daches wurde in einem nicht verputzten Raum, ohne Fußbodenbelag mit der Durchführung der Gottesdienste begonnen. Das war Mitte Dezember 1896, die Weihung und die feierliche Eröffnung der Kirche aber fand am 19. Oktober 1899 statt.

Die Revolutionsereignisse des Jahres 1917 brachten bedeutende Veränderungen in das religiöse Leben der zentralasiatischen Völker mit. Es veränderte sich ebenfalls die Lage der Evangelisch-Lutherischen Kirche. Es waren die Verordnung "Über die Trennung der Schule von der Kirche und der Kirche von der Schule", die Massenemigration der Gemeindemitglieder, ihre Verarmung durch die Massenenteignung. Die Kirchendiener verblieben ohne Unterstützung. Die Familie Jürgensen verdiente ihren Unterhalt mit dem Unterrichten der deutschen Sprache. Die Anzahl der Gemeindemitglieder sank schlagartig, aber die Kirche bestand dennoch.

1929 wurde die Tätigkeit des umherreisenden Pfarrers durch das Dekret über die religiösen Organisationen verboten, und die meisten Gemeinden blieben ohne Pfarrer. Die Tätigkeit von Jürgensen wurde zuerst in nahe gelegenen Umgebung und dann ausschließlich auf Taschkent begrenzt. Trotz der begonnenen maßlosen Kampagne der atheistischen Propaganda und anderen Schwierigkeiten, zählte die Kirchengemeinde im Jahre 1932 2.000 Gemeindemitglieder. Die große Anzahl von Gemeindemitgliedern konnte man zu jener Zeit als Verdienst des Pfarrers einschätzen.

Am 16. Dezember 1932 ist der Pfarrer Jürgensen im Alter von 67 Jahren an jenem Ort gestorben, wo er 41 Jahre lang diente. Nach dem Tod von Jürgensen kam der Pfarrer Heinrich Behrendts aus Leningrad nach Taschkent. Aber sein Dienst dauerte nicht lange. Der letzte Pastor Heinrich Behrendts wurde im Herbst 1937 unter dem Vorwurf konterrevolutionärer Tätigkeit verhaftet und starb im Arbeitslager.
Danach versuchte Rudolf Binder die Gottesdienste weiter durchzuführen, auch er wurde verhaftet. Andere Personen, die die Gemeinde unterstützen wollten, wurden ebenfalls verhaftet.

Ende 1937 wurde die Kirche geschlossen. Es begannen die schwarzen Jahre des Stalinterrors. Das Schicksal der Kirche war ebenso dramatisch: Das Kreuz wurde von der Kirche abgenommen, nach der Schließung im Jahre 1937 und bis zum Zweiten Weltkrieg stand sie leer. In den Kriegsjahren befand sich hier ein Lagerhaus. Danach wurde sie umgebaut, die Kirche bestand nun aus zwei Etagen, hier wurde die Geologieverwaltung untergebracht. Die nächste Etappe der Verunglimpfung ist die Eröffnung eines Hundezüchterklubs im Kirchengebäude und dann eines Milizionärswohnheims. Die Kirche wurde einige Male in Brand gesetzt.

Nach dem Erdbeben im Jahre 1966 wollte man sie zerstören, aber später, im Jahre 1977 wurde das Kirchengebäude von dem Ministerium für Kultur für das Taschkenter Konservatorium wieder aufgebaut und aufgrund seiner hervorragenden Akustik für Orgelkonzerte genutzt.

Unter der äußerlich kalten Asche glimmte der Funke des Gottes, leuchtete mehr und mehr auf, und als der Propst Kalnin im Jahre 1975 Usbekistan besuchte, traf er auf die vollkommenen Evangelischen Gemeinden in Tschirtschik und Angren; 1978 kamen noch Samarkand, Gasalkent und Fergana hinzu.

Im Herbst 1990 wendete sich Viktor Horn, der Vorsitzende der Deutschen Kulturgemeinschaft "Wiedergeburt", an das Ministerium für Kultur von Usbekistan mit der Bitte, die Durchführung der Gottesdienste im Kirchengebäude zu erlauben. Man erhielt die Erlaubnis und am 16. Dezember 1990 fand hier der erste Gottesdienst statt. Damals wussten wir noch nicht, dass es der Todestag des Pfarrers Jürgensen († 16.12.1932) war. Jetzt schätzen wir dieses Zusammenfallen als Zeichen des Gottessegens ein.

Und tatsächlich folgte ein freudiges Ereignis auf das andere: am 8. September 1992 war die Registrierung der Deutschen Evangelisch-Lutherischen Kirche in Taschkent; am 3. Mai 1993 wurde die Anordnung des Ministerkabinetts über die Übergabe des Kirchengebäudes für seine Nutzung erteilt; am 28. August 1994 beendeten die Gemeindemitglieder Renovierung und Restauration des Kirchengebäudes, die vier Monate lang dauerten; am 14. Dezember 1994 wurde das Kreuz auf dem Turm des Kirchengebäudes wieder aufgestellt. Im Dezember 1996 wurde das 100-jährige Jubiläum der Kirche groß gefeiert.

Gemeindemitglieder der Taschkent-Kirche sind hauptsächlich Taschkent-Deutsche. Heute zählt die lutherische Gemeinde in Taschkent über 200 Gemeindemitglieder und etwa hundert Gemeindemitglieder in Fergana. Gottesdienste werden in russischer und deutscher Sprache abgehalten. Die Kirche wird von ihren deutschstämmigen Nachkommen als auch von Ausländern besucht.

Kornelius Wiebe, Pastor-Vorsitzender der DELG in Taschkent
Geb. 19. Oktober 1955 in der Siedlung Urusu, Tatarische ASSR, Sowjetunion; deutschstämmig und entstammte einer mennonitischen Familie; † 22. Juni 2015 in Taschkent. 
Am 19. Oktober 1994 trat er in der Deutschen Evangelisch-Lutherischen Kirche in Usbekistan seinen Dienst an. Er war Bischof der Evangelisch-lutherischen Kirche in Usbekistan im Verbund der Evangelisch-lutherischen Kirche in Russland, der Ukraine, in Kasachstan und Mittelasien.

Am 27. November 2017 fand im Hauptauditorium des Russischen Dramatheaters in Taschkent eine beeindruckende Zeremonie statt, zum Gedenken an den Beginn der Reformation, die durch die Veröffentlichung von Luthers fünfundneunzig Thesen ins Leben gerufen wurde. Zu den Teilnehmern gehörten Protestanten aller Konfessionen aus allen Teilen Usbekistans, darunter Lutheraner, Calvinisten, Siebenten-Tags-Adventisten, Pfingstler, verschiedene evangelische Gemeinden und Mitglieder der "Jünger Christi" (Teil der in den USA ansässigen "Wiederherstellungsbewegung").

Die Lutheraner in Usbekistan erhielten auch Grüße und Botschaften der Unterstützung und Gemeinschaft von Protestanten in der gesamten GUS sowie aus Europa und Amerika. Somit war die Veranstaltung nicht nur ein Dank für Luthers Leben und Werk, sondern markierte auch eine neue Etappe in der Geschichte der protestantischen Gemeinden in Usbekistan sowie die Wiederbelebung ihrer Beziehungen zur weiteren christlichen Welt. Außerdem, die Tatsache, dass diese Feierlichkeiten der Reformation in einem so öffentlichen Umfeld in Taschkent stattfanden, zeugte von der engen Arbeitsbeziehung, die diese Gemeinschaften zu den usbekischen Staatsbehörden aufgebaut haben - ganz anders als bei herkömmlichen Darstellungen von Christen in Usbekistan. Dieser Geist der Zusammenarbeit wurde durch den ökumenischen protestantisch-katholischen Gottesdienst am 22. Januar 2018 in der römisch-katholischen Kirche in Taschkent weiter verdeutlicht. Es zeigte auch die freundschaftlichen, respektvollen Beziehungen zwischen Christen, Muslimen und anderen Glaubensgemeinschaften.
(Shirin Akiner , Januar 2018, London)

Beitrag: G. Birkl; Titelbild: Kirchenfenster Evangelisch-Lutherische Kirche Taschkent G. Birkl

Adresse Evangelisch-Lutherische Kirche Taschkent:
37-51 Sadik Azimov Street, Tashkent 100000, Usbekistan
Gemeinde: Pastorin Lyudmila Schmidt; Ehemann Victor Schmidt
Tel.: +998909902516
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WIKIPEDIA
Evangelisch-Lutherische Kirche in Usbekistan | Mennoniten
Russlanddeutsche | Wolgadeutsche
Ethnische Deportationen in der UdSSR | Gulag
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Konstantin Petrowitsch von Kaufmann | Frommhold Nikolai von Rosenbach
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Koschyk besucht die evangelisch-lutherische Kirchengemeinde in Taschkent
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British-Uzbek SocietyReports and CommentsLutheran Church in Tashkent

Evangelisch-Lutherischne Kirche nach der Renovierung 2021; Foto: BKDR

Kirchenportal Evangelisch-Lutherische Kirche Taschkent; Foto: G.Birkl, 2012

Kirchenschiff und Altar; Foto: G. Birkl 2012

Altar, rechts unten Bild von Pastor J. Jürgensen; Foto: G. Birkl

Foto: G. Birkl - Zum Gedenken - Deportation der Deutschen
Am 28. August 1941 wurde ein Ukas des Obersten Sowjets der UdSSR erlassen. Die gesamte deutsche Bevölkerung wurde pauschal der Kollaboration für schuldig befunden. Bald darauf wurde die Wolgadeutsche Republik aufgelöst und die deutsche Bevölkerung deportiert. Die meisten brachte man nach Kasachstan und Sibirien. Dort unterstanden sie 1956 einer sogenannten Kommandantur mit strengen Meldepflichten, Ausgangsbeschränkungen und Diskriminierungen. 

Die Männer im Alter von 15 bis 55 Jahren wurden in die sogenannte Trudarmee eingezogen. Ab 1942 wurden auch massenhaft Frauen zwischen 16 und 45 Jahren in die Arbeitsarmee gesteckt. Sie mussten Schwerstarbeit beim Bau von Industrieanlagen, Eisenbahnbau und Schiffsanlagen, im Bergbau oder beim Holzfällen verrichten. Viele sind in dieser Zeit verhungert, erfroren oder ermordet worden.

Bischof Kornelius Wiebe und Besuch aus Deutschland, Foto: G. Birkl

Altarraum nach der Renovierung, 2021; Foto: BKDR

Gebetbuch; Literatur Deutsch/Russisch; Foto: G. Birkl

Gebetstafeln in der Kirche, Links in Deutsch, rechts in Russisch; Foto: G. Birkl

Karte der Evangelisch-Lutherischen Kirchgemeinden in Usbekistan; Foto: G. Birkl

Historisches Dokument, Genehmigung 1905; Foto: G. Birkl

Deutsche Traditionen, Chor mit deutsch/russischen Liedern. Foto: K. Wiebe

Bunte Lazettenfenster erhellen den Kirchenraum; Foto: G. Birkl

Tafel mit Sinnspruch: Foto: G. Birkl

Grabstein des ersten Lutherers in Taschkent, Pastor in Turkestan, Justus Jürgensen wurde 1932 auf dem Botkin-Friedhof in Taschkent beigesetzt. Foto: Kornelius Wiebe

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